20.04.2015 | von René Hegel
Aus den Kraftwerksschloten quillt nicht nur tonnenweise CO2, sondern auch toxisches Quecksilber. Auch deshalb muss der schrittweise Kohleausstieg beginnen: jetzt!
Mit dem Aktionsbündnis Klimaschutz ist der Einstieg in den Kohleausstieg zum Greifen nah. Kampagnen von Campact (Bürgerinitiative) zusammen mit ihren Partnern von Greenpeace, BUND und NABU verleihen mit landes- und bundesweiten Protestaktionen den Forderungen für den Klimaschutz Nachdruck. Auch wir, SolarEnergieNetzwerk, wollen helfen die Kohlelobby aufzuhalten. Während die Regierung über den Einstieg in den Kohleausstieg entscheidet, stehen wir mit Tausenden da, wo die Braunkohlebagger stoppen müssen, um Deutschlands Klimaziele zu erreichen – am Samstag, den 25. April mit einer Menschenkette entlang dem Tagebau Garzweiler II bei Köln.
Quecksilber ist hochgiftig! Deshalb sind Fieberthermometer verboten und Energiesparlampen in Verruf geraten. Doch die größten Quecksilber-Schleudern in Deutschland sind die Kohlekraftwerke. Deutsche Kohlekraftwerke pusten im Jahr über 5000 Kilogramm Quecksilber in die Luft, zwei Drittel der Gesamt-Emission. Gefährlich ist das bereits in kleinen Mengen, insbesondere für Embryos und Kleinkinder, da es die Entwicklung des zentralen Nervensystems und damit die geistige Entwicklung nachhaltig schädigt.
Doch Quecksilber ist nicht das einzige Gesundheitsrisiko. Mit der Studie „Tod aus dem Schlot“ machte Greenpeace bereits im Jahre 2013 auf das Problem zu hoher Feinstaubbelastung durch Kohlekraftwerke aufmerksam. In Deutschland verursacht die Kohleverstromung laut dieser Untersuchung jährlich bis zu 3100 vorzeitige Todesfälle. Kohlekraftwerke – insbesondere Braunkohlemeiler – sind zudem die größten CO2-Schleudern. Zahlen der EU Kommission haben erst kürzlich belegt, dass vier der fünf größten CO2-Emittenten in Europa Braunkohlekraftwerke in Deutschland sind, allen voran die rheinischen Braunkohle. Dabei sind diese Kraftwerke denkbar ineffizient: Nicht einmal die Hälfte der in der Kohle enthaltenen Energie wird in Strom umgewandelt. Pro Kilowattstunde werden allein schon 1140g CO2 ausgestoßen, damit ist die Braunkohle der klimaschädlichste aller Energieträger überhaupt.
Warum also setzt Deutschland immer noch auf dreckige Kohle? Es passt nicht zu einer zukunftsfähigen Innovationsregion „Rheinisches Revier“, 40 bis 50 Jahre betriebene Kraftwerksblöcke über die Zeit retten zu wollen, und stattdessen hochmoderne und effiziente Gaskraftwerke wenige Jahre nach dem Bau wieder zu demontieren. Die Antwort ist, dass die Braunkohle im jetzigen Energiemarkt leider immer noch konkurrenzlos billig gehandelt wird. Dabei wurden viele externe Kosten der Braunkohle, wie z.B. Gesundheitsschäden durch Schadstoffemissionen, bei der Preisfindung am Energiemarkt nicht berücksichtigt.
Im Gegenteil: diese, allen Klimaschutzzielen entgegen stehende, Form der Energiegewinnung wurde auch noch finanziell belohnt. Bis 2012 wurden der RWE Power AG im Rahmen des Emissionshandels die notwendigen CO2-Zertifikate überwiegend kostenlos zugeteilt. Obwohl das RWE nichts dafür bezahlte, wurden die virtuellen Kosten eingepreist und der Stromkunde musste dafür bezahlen – ein Milliardengeschenk an das RWE zu Lasten von Verbraucher und Umwelt. Und auch von der EEG-Umlage wurden die Kraftwerke und Tagebaue bis 2014 befreit. Die gegenwärtige prekäre Wirtschaftslage der Energieriesen ist also nicht der Energiewende, sondern vielmehr Managementfehlern anzulasten. Milliardengewinne wurden nicht in die Zukunft sondern in Risikogeschäften investiert und auch der Wegfall von zehntausenden Arbeitsplätzen ist nicht dem Klimaschutz zu verdanken, sondern das Ergebnis einer Überschuldung durch jahrelange Misswirtschaft.
Doch die Chance aus der Kohle auszusteigen, besteht jetzt: die Bundesregierung hat Ende des vergangenen Jahres ein durchaus ehrgeiziges Programm für den Klimaschutz beschlossen. Bislang besteht es nur aus Absichten. In den nächsten Wochen und Monaten soll es in Gesetze gegossen werden. Sigmar Gabriel will die Energiekonzerne nun dazu zwingen, bis 2020 jährlich 22 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich einzusparen – und lässt damit erstmals den Kohleausstieg konkret werden. Werden diese Pläne Wirklichkeit, wird die Klimaschutzlücke der Bundesregierung damit ein ganzes Stück geschlossen.
Die im März 2014 von der Landesregierung beschlossene Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler wäre im Hinblick auf die NRW-Klimaschutzziele zwar nur ein kleiner, aber längst überfälliger, Schritt. Man darf jetzt nicht die gleichen Fehler machen wie im Ruhrgebiet, in dem mit dem „Ewigkeitsbergbau“ an Strukturen festgehalten wurde, die längst keine Zukunft mehr hatten. Daher hat der BUND gegen die Genehmigung der Fortführung des Kohleabbaus im Tagebau Hambach von 2020 bis 2030 durch das Land NRW und damit die Förderung von weiteren etwa 450 Millionen Tonnen Braunkohle, Klage eingereicht und eine neue Vorlage für ein Braunkohleausstiegsszenario mit definierten Förderrestmengen gefordert. Eine Umstellung der Stromerzeugung auf 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2050 ist energiewirtschaftlich machbar, setzt aber ein vorzeitiges Auslaufen aller Braunkohletagebaue im Rheinland voraus. Doch die im Dezember 2014 beschlossenen Klimaschutzabkommen und Gesetzesvorlagen müssen erst noch durch den Bundestag. Dabei wird die Kohlelobby nichts unversucht lassen, um die Zeitenwende in der Energiepolitik aufzuhalten. Gerade jetzt heißt es hart bleiben und Klimaversprechen halten, Herr Gabriel!
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